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013.2 Verhandlungen? (Teil 2)

  In einen dicken Mantel gekleidet und mit mehreren Schichten darunter stapfte Wenzel durch den Schnee. Die Witterung erlaubte es ihm nur mehr ein relativ gekürztes Training abzuhalten. Dennoch fand es jeden Tag statt. Die restliche Zeit half er bei notwendigen Arbeiten im Camp mit, welche von Holzhacken und Schlichten, bis hin zum Schneeschaufeln und Waffenpflege reichte. Niemand zwang ihn dazu, doch er wollte ohnehin mithelfen. Die meisten anderen Arbeiten erledigten die Frauen, w?hrend die M?nner auch in dieser Jahreszeit den Kampf übten. Theodor war immerzu schwer besch?ftigt. Er und August hatten neuerdings das Training neuer Kampftaktiken und Waffengattungen angeordnet, was den K?mpfern allerhand zu tun gab. Davon war Wenzel allerdings nicht betroffen, da er sein eigenes Trainingsregiment hatte. Der Schnee knirschte unter den Sohlen des Burschen, als er am Hauptzelt des Lagers vorbeiging.

  In diesem stand der Feldmarschall gerade mit einem Mann zusammen, der neu im Lager war. Er trug eine Rüstung mit den Insignien, des K?nigreichs Ordanien. ?Den Kampf mit Piken müsst ihr auch noch ein wenig trainieren. Diese sind ein idealer Konter gegen Husarenritte. Die Pferde werden dadurch in Massen an euren langen Piken verenden. Schaut aber dabei darauf, dass die Reihen nicht zu dünn sind. Drei Reihen an Pikenieren sind dabei sicher zu wenig.“ – ?Verstehe“, entgegnete der angespannt zuh?rende Theodor. Dann sagte er: ?Es ist sehr erfreulich, dass du dich entschieden hast auf unsere Seite zu wechseln, Generalmajor! Es wird unseren Jungs ungemein helfen, ihre Taktiken dem anzupassen, was jemand, der eine milit?rische Ausbildung genossen hat, über die Heeresführung wei?.“ Der Mann nickte und behielt einen seri?sen Blick bei. Er war froh, über das Angebot des Feldmarschalls der M?rtyrerbrigaden, seinen alten Milit?rrang bei ihnen behalten zu k?nnen.

  ?Eure Methoden waren bisher mehr auf Sabotage und Konflikte in kleineren Gruppen ausgelegt. Für die Organisation im gr??eren Heeresverband werde ich euch helfen.“ – ?Ausgezeichnet!“, vermerkte Theodor. Dann lie? er sich von ihm eine Einführung in die Materie geben. Bisher war der Anführer mehr an die Methoden des guerillaartigen Widerstands gewohnt. Diese beherrschte er bis zur Perfektion, aber bald schon würde der Konflikt zu einem Krieg auswachsen und er und sein Stabschef arbeiteten fieberhaft daran die Truppen darauf vorzubereiten. ?Du wei?t sicher auch etwas über Belagerung, oder?“, fragte Theodor ihn. Der Mann antwortete, ohne zu z?gern: ?Ja, das tu ich. Ich bin zwar jetzt kein Experte, aber ich wei? von meinem Vater so einiges, der bei der Belagerung von Linna damals beteiligt war.“ Theodor war zufrieden mit dieser Antwort. Die Stadt Linna, in seiner alten Heimat, Kascharovar, war ihm sehr gut bekannt. W?hrenddessen hielt ein leichter Schneefall au?erhalb des Zeltes an.

  Im selben Zeitraum waren auch im Machtzentrum des Landes die Vorbereitungen im vollen Gange. In alle Lande wurden Boten ausgeschickt, um Truppen für den Heerbann bereitzustellen. Aus dem besetzten Kascharenland, sowie Camenia, das viele Privilegien genoss, würden keine Truppen zu erwarten sein, von überall sonst her aber schon. Die Organisation und Koordination des Ganzen würde natürlich dem Feldmarschall Etzel und seinen Unterstellten zufallen. Dieser war vor zwei Tagen noch bei Ihrer Majest?t, K?nigin Katharina, gewesen, um sich bei ihr zu vergewissern, doch hatte er eine Antwort bekommen, die im Grunde keine gewesen war.

  Heute aber schien alles ganz anders zu kommen, als es wohl jeder gedacht h?tte. Jeder au?er einer, zumindest. Die Herrscherin rief ihre Regierung zusammen, um eine gro?e Ankündigung zu machen. Die marmornen G?nge entlang schlich Gabriela, gemeinsam mit ein paar anderen Ministern, denen sie auf dem Weg zum Besprechungssaal über den Weg lief. ?Ich wei? nicht, warum ihre Hoheit so lange gewartet hat, um eine Entscheidung in Bezug auf den Krieg zu f?llen. Sie h?tte die gesamte Zeit über schon mit uns koordinieren und kommunizieren k?nnen“, machte der Minister für ?u?ere Beziehungen seiner Unzufriedenheit Luft. Der neben ihm gehende Schatzmeister Guntram erwiderte darauf: ?Ohnehin habe ich jetzt schon gro?e Probleme mit unseren Finanzen. Ob die Reserven auf l?ngere Sicht ausreichen, kann ich nicht sagen. Aber der heutige Rat wurde ja nicht mal als Kriegsrat bezeichnet.“ – ?Das Thema kann nur den Krieg betreffend sein. Was sollte es denn sonst sein?“, stellte der Minister die rhetorische Gegenfrage. Gabriela blickte nur mit ihren gro?en Augen zu ihnen hinüber und behielt Stillschweigen.

  Als sich schlie?lich alle Einberufenen eingefunden hatten, wurde die Türe zum Sitzungssaal geschlossen und ihre Majest?t erhob sich von ihrem Stuhl, um die Sitzung zu beginnen. Ihr langes, wallendes Haar hing herab und die sch?ne Frau pr?sentierte sich aufrecht und erhaben. ?Meine Durchlauchtesten Herrschaften! Wir haben hier heute etwas überaus Bedeutsames und Folgenreiches zu verkündigen.“ Alle Anwesenden schenkten ihr gespannte Aufmerksamkeit. ?Die aktuelle Problemlage ist das Resultat einer langen Reihe an politischen Fehltritten und verfehlten M?glichkeiten. Die Krise ist zu weit ausgeartet und wir müssen sie wieder unter Kontrolle bekommen. Wie Ihnen allen bekannt ist, haben wir das Problem der Melgaristen schon seit vielen Jahren, doch scheint es sich immer mehr ausgewachsen zu haben, trotz immerzu vermehrter Versuche des K?nigreichs den Sachverhalt mit milit?rischer Gewalt zu l?sen. Das Heer soll und wird von Uns die notwendige Finanzierung bekommen, das garantieren Wir, doch glauben Wir nicht, dass es die L?sung sein wird! Das Sentiment Unserer niederen Klassen sollte Ihnen wohl allen bekannt sein. Alleine schon aus diesem Grunde, wird es wohl nicht ein Leichtes sein, die sich-abzeichnenden Aufst?nde unter Kontrolle zu halten. Wir haben daher entschieden, das Problem erstmalig anders anzugehen. Wir werden versuchen Kommunikationskan?le zu den Rebellen herzustellen, um Verhandlungen zum Ausloten eines m?glichen Kompromisses zu beginnen!“

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  Das Erstaunen der Regierung war in diesem Moment unverkennbar. Ihre Majest?t fuhr fort: ?Wir haben bereits den Abzug der Attent?ter angeordnet. Zudem haben Wir Verhandler bestimmt und ausgeschickt, um Kontakt herzustellen. Dies m?ge vielleicht, kein Schritt sein, der einer Position der Macht gebürtig ist, jedoch ist es ein logisches und notwendiges Vorgehen, um noch gr??eren Schaden vom K?nigreich abzuwenden, dessen Souver?n Wir sind.“ Alle Minister und Berater waren daraufhin sprachlos. Damit hatten sie nicht gerechnet. Nach fast einer ganzen Minute des Schweigens, durchbrach der Feldmarschall Etzel die Stille: ?Bei meinem gr??ten Respekt, Eure Hoheit, aber ich k?nnte keinen Grund erkennen, weswegen diese Ketzer überhaupt mit uns verhandeln wollen würden oder wir mit ihnen. Ihre Ideologie ist der Unseren diametral entgegengestellt. Wir verachten und vernichten Hexer und sie wollen einen Hexer zum Herrscher machen! Das ist vollkommen unvereinbar!“

  Katharina reagierte gelassen. ?Alle Diskrepanzen k?nnen überwunden werden. Man muss nur genug diplomatisches Geschick an den Tag legen, eine Kunst, die Unser verstorbener Ehegatte nicht beherrschte oder beherrschen wollte. Machen Sie sich keine Sorgen. Wir werden die Sache h?chstpers?nlich übernehmen!“ Infolge traute sich keines der soeben kalt geduschten Regierungsmitglieder mehr etwas einzuwerfen. Ihre Hoheit gab noch einige Anweisungen bezüglich der nun ge?nderten Vorgehensweise aus, dann endete der Rat auch schon wieder. Es war kein langes Treffen. Danach verlie?en alle Minister und Berater relativ still den Saal. Wenn das mal keine überraschung gewesen war!

  Aus reinem Zufall geschah es, dass gegen Sonnenuntergang desselben Tages eine weitere wichtige Person, im K?nigpalast eintrudelte. Auf einem hohen schwarzen Ross ritt ein Mann mit dem Wappen des K?nigreichs Zeemark vor den Toren des Palastes an. Im Schlepptau hatte er ein paar seiner Untergebenen. Alle waren sie im Harnisch und galoppierten geschwind heran. Sie stiegen ab und lie?en sich von der Dienerschaft freundlich hineingeleiten. Sogleich wurden die zust?ndigen Personen benachrichtigt, um den Ritter gebührend zu empfangen. Als erste war aber die K?nigsberaterin zugegen. ?Einen sch?nen, guten Abend wünscht man, Herr Hochwohlgeboren!“, begrü?te ihn Gabriela auf ihre typisch heuchelnde Weise. Dabei war ihr Gesicht so bleich wie eh und je. ?Ihr seid früher eingetroffen, als erwartet.“ – ?Das Wetter wird mich nicht davon abhalten, in Zeiten der Not schnell dort zu sein, wo ich hinmuss!“, verkündete Gawein stolz.

  Es war der legend?re Ritter, der nun eingetroffen war. Sein volles, goldblondes Haar schien, wie in Zeitlupe im Wind zu wehen und das, obwohl wir uns im Inneren eines Geb?udes befanden. Er war der Inbegriff eines attraktiven Mannes. Auch Gabriela konnte nicht ganz ihren Blick von ihm abwenden. Dies bemerkt habend ?u?erte er: ?Sie haben heute besonders sch?ne Kleider an, meine Dame.“ Sie durchschaute aber sogleich seine Schmeichelei und ging sogleich zum Gesch?ftlichen über. ?Der Feldmarschall ist im ersten Stock, aber er sollte bereits informiert sein, dass Sie schon hier sind. Alle Notwendigkeiten, die den Heerbann betreffen, würde ich und muss ich Etzel überlassen. Jedoch würde ich mit verfrühten Entscheidungen ohnehin warten.“

  ?Oh? Und was soll das nun genau bedeuten?“, fragte der Mann, w?hrend er sich l?ssig auf einer der Banklehnen anlehnte. Gabriela lehnte sich nahe an sein Ohr heran und flüsterte ihm zu: ?Für morgen ist ein Geheimrat angesetzt. Da Ihr jetzt schon anwesend seid, werde ich Euch dazu auch einladen. Zimmer 33 im 3.Stock. Aber verlieren sie kein Wort darüber. Alle, die eingeladen sind, wissen darüber Bescheid. Die anderen DüRFEN nichts darüber wissen. Haben Sie verstanden?“ Der Ritter nickte diskret. Er wusste zwar nicht, worum es ging, aber es hatte garantiert mit den Unruhen im Land zu tun. Gawein nahm jetzt einen Schluck von dem Tee, den ihm eine Magd vorbeigebracht hatte. Er hatte natürlich keinen Schimmer davon, was tats?chlich der Anlass war.

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