In pr?chtigen Gew?ndern, die im k?niglichen Purpur gef?rbt waren und die das Wappen des Herrscherhauses gro? abbildeten, sa? die Regentin Gabriela nun auf ihrem Arbeitstisch. Sie war nun in das gr??ere Schreibzimmer des K?nigs gewechselt, ihre Arbeit schien sich aber in gleicher Weise zu türmen wie bisher. Zwar hatte sie bereits einige Bereiche und T?tigkeiten an neu bestellte Sekret?re und so weiter hinunterdelegiert, jedoch mussten diese sich auch erst einmal in ihrer Materie einfinden und organisieren, um die Dinge mit entsprechender Effizienz und Kompetenz abhandeln zu k?nnen. Die Probleme h?uften sich jedenfalls. Das Land war im Aufruhr und ihre Ernennung zur neuen Herrscherin, hatte nun für weitere gro?e Missgunst bei einigen gesorgt. Was die Bev?lkerung dachte, konnte ihr ohnehin egal sein, doch so manche Adelsh?user waren nun auch auf Distanz gegangen und waren sich offensichtlich nicht sicher, wie sie mit der neuen Situation umgehen sollen. Diese Wirren l?hmten das Land und, was das gr??ere Problem war, l?hmten die Vorbereitung der Mobilisierung in erheblichem Ausma?e. Sie war Tag und Nacht nun damit besch?ftigt diplomatische Delegationen und, wenn notwendig auch Truppen zu schicken, um jene, die wankten, wieder auf Linie zu bringen. Die meisten würden sich auf diese Weise wieder unterordnen.
Gabriela bekam Kopfschmerzen und blickte einmal von ihrer Arbeit auf. Sie überlegte kurz, dann stand sie auf und entschied sich einen Spaziergang zu machen, um einmal einen schnellen Ausgleich zu haben. Als Lucius das Klicken ihres Türschlosses beim Zusperren vernahm, kam er auch auf den Gang heraus. ?Gehst du spazieren? Kann ich auch mitkommen, Mama?“ – ?Ja kannst du. Haben wir nicht besprochen, dass du mich künftig mit ?Frau Mutter“, beziehungsweise ?Eure Majest?t“, wenn wir bei offiziellen Veranstaltungen sind, ansprechen sollst?“ – ?Ja. Entschuldigung……, Frau Mutter!“ Die beiden zogen sich dick für die K?lte drau?en an und machten sich auf, um durch die riesigen Palastg?rten zu schlendern. Um diese Jahreszeit war alles tiefgefroren, scheinbar leblos. Die verschneite Natur vermittelte einem aber auch eine angenehme Ruhe. Sie lie? die Gedanken kurz abschweifen, so als würden die Sorgen der Welt verschwinden, w?hrend man die Winterlandschaft durchschritt.
?Du, Frau Mutter, mich würde da etwas interessieren“, sprach sie ihr Sohn an. Die Herrscherin entgegnete: ?Was gibt es denn, Lucius?“ – ?Du hast mir schon ?fters erz?hlt, dass unsere Familie einer der Hauptakteure in der ?Gerechten Revolution“ vor 80 Jahren war. Aber was ist denn damals wirklich passiert?“ Die Dame war doch ein wenig überrascht von der Frage ihres Kindes. Sie realisierte aber gleich darauf, dass sie ihm ja des ?fteren schon darauf hingewiesen hatte, dass sie ihm mehr von den Sachen, die sie ihm bisher noch nicht enthüllen konnte, erz?hlen würde. Früher h?tte er diese vielleicht in kindlicher Naivit?t weiterverraten, doch ihr schien, dass der Bursche nun reif genug war, um endlich ein wenig mehr zu erfahren. Sie begann zu sprechen: ?Die Vorfahren unseres Hauses, die Cornels, hatten in einem geheimen Rat einst beschlossen, das alte Kaiserhaus zu stürzen. Es scheint aber, dass mein Gro?vater und seine Verbündeten wohl die falsche Wahl beim künftigen Herrscherhaus getroffen hatten. Den Fehler haben wir nun korrigiert, auch wenn es Schaden für uns angerichtet hat. Das war aber unvermeidbar.“ Der Junge h?rte ihr gespannt zu.
?Soviel ich von meinem Vater erfahren hatte, als er noch am Leben war, hatten sie die letzte Melgarionenkaiserin Elisabeth vergiftet. Mit ihren letzten Atemzügen hat sie uns noch mit ihren Worten verflucht, ?dass unserem Geschlecht nur übles widerfahren solle“ oder so ?hnlich. Mach dir da aber keine Sorgen, Junior. Gott war nicht auf ihrer Seite. Ihre Flüche bedeuteten nichts. Ein getroffener Hund bellt immer laut! Alle von diesem Geschlecht der Hexer wurden gleichzeitig in einem gro?en, koordinierten Unterfangen eliminiert. Sie m?gen zwar übermenschliche F?higkeiten besitzen, doch keiner von ihnen ist unfehlbar oder gar unsterblich! Am Ende waren sie alle nur Menschen wie wir auch!“ Die beiden spazierten weiter, an eingeschneiten Gartenskulpturen und momentan leeren Springbrunnen vorbei. Lucius lie? sich das Geh?rte durch den Kopf gehen und erwiderte dann: ?Ich verstehe schon, warum die Melgarionen und ihre Anh?nger verschwinden mussten und, dass die Melgaristen die B?sen sind. Aber müssten wir dann nicht, ihr Wissen über Hexerei zerst?ren? Du beh?ltst aber immer noch deren Wissen hier in der Bibliothek.“
Gabriela antwortete: ?Sowieso hat fast niemand Zugang dazu. Ich hab dir doch schon mal erkl?rt, dass ich irgendwie versuche Magie zu verstehen, um sie eventuell mal Nicht-Magiern zug?nglich machen zu k?nnen. Das scheint aber nicht zu funktionieren, jedenfalls nicht ohne ganz besondere Gegenst?nde, die Melgar selbst einst zurückgelassen hatte. Und selbst diese zu benutzen ist nicht einfach und gelingt mir fast nicht.“ – ?Also bleibt das Wissen über Hexerei geheim, oder?“ – ?Ja.“ – ?Und was machst du, wenn die Melgaristen es stehlen wollen?“ Gabriela überlegte kurz, und sagte dann mit ernster Miene: ?Eher würde ich das Wissen zerst?rt sehen, als das es in deren H?nde f?llt!“ Nun waren sie schon wieder zurück bei den Treppen, die hinauf zum Palast führten. Das Fü?e-Vertreten hatte sein Ende erreicht und die beiden stoppten ihre Unterhaltung über Themen, die lieber privat bleiben sollten. Bevor er sich wieder ans Lernen setzte, umarmte Lucius seine Mutter noch und sagte: ?Hab dich lieb, Mama!“ Er hatte sie wieder falsch angesprochen. ?Ich dich auch“, kam es schnell von ihr zurück. Dann gings zurück an die Arbeit.
Lucius schloss seine Zimmertüre hinter sich. Er griff in seine Hosentasche und holte einen Gegenstand daraus hervor. Es war der Siegelring des alten K?nigs. Der Junge betrachtete ihn genau und drehte ihn in seinen Fingern. ?M.R.“ war auf dem Siegel zu lesen. Der Junge wusste, was die Abkürzung bedeutete. Genau deshalb hatte er ihn aus der Schreibtischlade seiner Mutter gestohlen, die ihn zerst?ren wollte. ?Hat dieses Ding jetzt auch magische Kr?fte?“, fragte er sich. Er steckte ihn sich an den Finger und streckte seine Hand nach vorne. Nichts geschah. Der Bursche sagte ein paar altcamenische W?rter, die, wie er hoffte, irgendwas mit Zauberei zu tun hatten. Wieder nichts. Er nahm den Ring wieder ab und steckte ihn ein. Er war sich sicher, dass er irgendwann herausfinden würde, wie der Ring funktionierte. Leider verschwendete er damit nur seine Zeit. Es war schlicht ein einfacher Siegelring, ohne magische Eigenschaften.
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Der gro?e Kriegsrat der M?rtyrer wurde nun einberufen. Alle waren anwesend: Feldmarschall Theodor, Stabschef August, der Erkorene Wenzel und dessen Leibw?chter, unz?hlige Gener?le und Kommandanten, wie beispielsweise Ulrich, Tassilo, Wienand und sehr viele, die Wenzel nicht namentlich kannte. Das Zelt war zum Bersten voll mit Leuten. Die Pr?sentation führte August. ?Also, Kameraden, hier ist er, unser Plan! Ich habe ihn ?Unternehmen Abendrot“ getauft. Nennt ihn von mir aus, wie ihr wollt, aber, das ist das Ergebnis meiner Vorbereitungen.“ Er r?usperte sich noch einmal und begann dann seine Erl?uterungen. ?Angesichts der Tatsache, dass unser Feind immer mehr an Rückhalt im Land verliert und seine Kr?fte haupts?chlich dann stark sind, wenn er sie konzentriert, werden wir das Gegenteil davon machen. Unsere St?rke ist die Masse und das Volk, sowie Angriffe von kleinen Gruppen an professionellen K?mpfern. Daher habe ich hier einen Plan entworfen, um am 4.3. 462 den gro?en Sprung der Revolution zu tun! Er sieht vor, dass unsere M?nner in allen gro?en St?dten des Reiches zur selben Zeit die Zentren der Macht stürmen und übernehmen.“ Alle h?rten erpicht zu. Wenzel war jetzt schon von der schieren Gr??e und Umfang der Operation in vollkommenes Staunen versetzt.
?Genauso, wie der Feldmarschall einst gesagt hatte, werden wir die Flutwelle sein, die alles Alte und B?se hinwegrei?t. Kurz nach Sonnenuntergang wird die Aktion anlaufen, was so etwa um sieben Uhr drei?ig sein wird. Es wird das Signal mit den Posaunen gegeben und dann geht’s los. Die Waffen und viele von den Unsrigen haben bereits die jeweiligen St?dte infiltriert und sind dort in Wartestellung. W?hrend die Regimetruppen laut meinen Quellen ihre Truppen sammeln, um einen geballten Angriff hier im Osten, wo unser Hauptquartier ist, zu starten, sind wir wo ganz anders and machen was ganz anderes!“ Dann legte er einige riesengro?e Stücke Pergament, die wohl eher schon Plakate waren, auf den Tischen aus. ?Jeder hat ein zugewiesenes Team unter der Führung eines Generals oder Feldmarschallleutnants. Die Zuteilung ist nicht verhandelbar.“ Die letzte Aussage wurde begleitet mit einem Blick Augusts in Richtung Wenzel. Anscheinend war er spezifisch damit gemeint. Wenig überraschend, wenn man bedachte, dass die Organisation eine strikte Hierarchie und Befehlskette hatte und Desertation oder Befehlsverweigerung meist mit dem Tod bestrafte! Wenzel wollte aber ohnehin nicht immer die Ausnahme bei allem sein.
Somit sprach der Pr?sentator seine Abschlussworte: ?Meine Herren, in wenigen Tagen werden wir Geschichte schreiben. M?ge dieser Tag als der gro?e Tag der Revolution in die Geschichte eingehen. So Gott es will!“ Alle klopften sich dreimal auf Herz, auch Wenzel. ?Lang lebe, Ordanien!“, proklamierte er dann. Alle stimmten mit ein: ?Lang lebe Ordanien!“ – ?Lang lebe der Erkorene! Preiset die M?rtyrer! Freiheit oder Tod!“ Jeden der Ausrufe wiederholten die M?nner inbrünstig und aus voller Kehle. Als dies beendet war, dr?ngten alle zu der Tabelle, um zu sehen, wo sie eingeteilt waren. Wenzel wollte auch hin, doch August nahm ihn am Arm und holte ihn zur Seite. ?Du brauchst nicht nachschauen. Du bist in meiner Mannschaft.“ – ?Okay“, sagte Wenzel, ?und wo…“ – ?Meglarsbruck. Wir werden uns die alte Hauptstadt vorkn?pfen. Das ist doch okay für dich, oder?“ Der junge Mann lie? ein paar Zweifel erkennen. Er kannte die Stadt natürlich in- und auswendig. Immerhin war er dort ja auch aufgewachsen. Was ihn besorgte war, dass er sich nun an seine Vision von damals erinnerte. Würde die Stadt nun zerst?rt werden? ?Du, wir wollen aber nicht die Hauptstadt zerst?ren, oder?“ Etwas stutzig entgegnete der Stabschef: ?Was? Nein, natürlich nicht! Wir wollen die Stadt übernehmen, was, wie ich bereits erkl?rt habe, die übernahme der Verwaltungsgeb?ude und Kasernen bedeutet. Wenn dabei was zu Bruche geht, sei’s drum, aber Vandalismus ist nicht unser Credo.“ – ?Verstehe!“, erwiderte Wenzel. Er war skeptisch. Was würde aus der Stadt werden? Er war sich sicher, dass sie zerst?rt werden würde. Seine Visionen hatten ihn noch nie get?uscht.
Nun lief die gro?e Kampagne an. Wenzel trainierte noch ein wenig und sprach sich mit seinen Teamkollegen ab, was selbstverst?ndlich Brahm und Ferenc umfasste, aber auch eine ganze Kompanie an anderen Soldaten. Theodor war bei ihnen eingeteilt. Er war stattdessen mit der Eroberung der aktuellen Hauptstadt der Thronr?uber, Greifenburg, beauftragt. Die anderen gro?en St?dte wie Freistadt, Guldingen, Filden und andere, waren Gener?len oder Feldmarschallleutnants zugewiesen. Zwei Tage sp?ter erhielt Wenzel eine Plattenrüstung, die schon l?nger in Auftrag gegeben war. Diese anzuziehen dauerte ewig, aber sie passte ihm. War ja auch logisch, nachdem der Rüstungsschmied sie ihm an den Leib geschneidert hatte. Doch die Nervosit?t des Jungen stieg nun von Tag zu Tag und von Stunde zu Stunde.
Schlie?lich kam endlich der gro?e Tag der Abreise. Früh morgens hielten alle Soldaten der M?rtyrerbrigaden noch eine gemeinsame Messe unter freiem Himmel ab. Dabei prozessierte der Priester eine riesige Ikone der heiligen Elisabeth und natürlich eine von Melgar. Der Bursche hielt nicht viel von all dem, aber er machte aus Solidarit?t mit. Soviel er mitbekommen hatte, war Elisabeth die letzte Melgarionenkaiserin gewesen. Sie wurde ermordet und ist somit laut den Altgl?ubigen den M?rtyrertod gestorben. Als dann alle Formalit?ten abgeschlossen waren packten alle ihr Zeug zusammen. Die M?rtyrerbrigaden verlie?en das Hauptquartier, ohne die Absicht wieder zurückzukehren. Sie würden entweder siegen oder untergehen! Ihr Leitspruch machte dies ja auch klar. Es waren nicht nur leere Worte. Der Ball war nun ins Rollen geraten. Jetzt gab es kein zurück mehr!